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Im EU-Parlament standen wichtige wald- und klimapolitische Abstimmungen auf der Tagesordnung (EU-Waldstrategie, Verordnung über entwaldungsfreie Produkte, RED III – Richtlinie für erneuerbare Energien).

Die vorliegenden Entwürfe beinhalten jedoch viele Barrieren und Hürden für eine aktive nachhaltige Waldbewirtschaftung und gefährden diese massiv. Sie stellen eine fehlgeleitete Wald- und Klimapolitik dar.

Nachfolgende Punkte sind aus Sicht der Fachexperten besonders kritisch und bedürfen bei der Abstimmung jedenfalls noch einer Änderung:

Verordnung über entwaldungsfreie Produkte
Grundsätzlich sind Bemühungen, die Entwaldung in Drittstaaten durch europäischen Konsum einzuschränken, jedenfalls zu unterstützen. Diese müssen jedoch im Einklang mit anderen Zielen wie der Bioökonomie-Strategie stehen und ohne unverhältnismäßige bürokratische Hemmnisse für Marktteilnehmer und Urproduzenten, wie sie der vorgeschlagene Entwurf vorsieht.

Marktteilnehmer, die Produkte aus Holz, Rindern, Kakao, Kaffee, Soja und Palmöl erstmals auf den EU-Markt bringen oder ausführen, müssen demnach künftig einer verstärkten Sorgfaltspflicht nachkommen und auf aufwändige Weise nachweisen, dass die Produktion nicht zu Entwaldung geführt hat.

Kritische Punkte betreffen unter anderem:

  • Problematische Definitionen:
    • Unter anderem werden Begriffe wie „Entwaldung“, „nachhaltige Erntevorgänge“ und „Waldschädigung“ im Vorschlag neu definiert, obwohl bereits international anerkannte Definitionen existieren. In Zukunft könnten dadurch z.B. im Zuge einer nachhaltigen Forstwirtschaft normale Bewirtschaftungs- und Pflegeeingriffe als „Waldschädigung“ gelten.
  • Unverhältnismäßig hoher bürokratischer Aufwand für Marktteilnehmer:
    • Zum Nachweis entwaldungsfreier Produkte werden sehr detaillierte Informationen verlangt, die der Kontrollbehörde vorzulegen sind, unter anderem die Freigabe von GPS-Daten und persönlichen Daten von Kunden und Verkäufern.
    • Der bürokratische Aufwand und die Mehrkosten, die mit diesen Auflagen in Verbindung stehen, würden zu einer Wettbewerbsverzerrung führen und Europa zu einem unattraktiven Handelspartner machen.
  • Nachschärfung durch Rechtsakte bereits angekündigt:
    • Eine Erweiterung der betroffenen Ökosysteme wie auch Handelsprodukte im Zuge von delegierten Rechtsakten, wie im Vorschlag vermerkt, wäre demokratiepolitisch bedenklich, da die Beteiligung der Mitgliedsstaaten im Gesetzgebungsverfahren stark eingeschränkt wird.
    • Darüber hinaus würde eine Ausweitung auf andere Ökosysteme unter anderem auch die Lebensmittelversorgung beeinträchtigen und ist daher bedenklich.
  • Unverhältnismäßige Kontrollen:
    • Das Ausmaß der vorgeschlagenen, unangekündigten behördlichen Kontrollen, sowie die Verrechnung der Kosten dafür an nicht-konforme Marktteilnehmer sind weder zielführend noch akzeptabel.
    • Durch die Forderung des uneingeschränkten Zugangs zur Justiz für Außenstehende, die Verfehlungen melden, bestünde die Gefahr einer Beweislastumkehr für die Marktteilnehmer.
  • Unklarer Prozess der Ermittlung von Hochrisikogebieten:
    • Für Länder, die mit geringem Risiko eingestuft werden, soll eine verminderte Sorgfaltspflicht gelten. Es ist noch unklar, wie diese Länder ermittelt und eingestuft werden.

Erneuerbaren Energienrichtlinie RED III:
Der Europäische Rat hat bereits in seiner Position gegen einen delegierten Rechtsakt zur kaskadischen Holznutzung Stellung bezogen und auf die Einbindung von SFM-Kriterien (Sustainable Forest Management) gepocht.

Im Allgemeinen stellen die vorgeschlagenen Einschränkungen der energetischen Biomassenutzung einen Rückschlag im Kampf gegen den Klimawandel dar. Zur Verringerung von CO2-Emissionen und im Sinne der Bioökonomiestrategie gilt es, den Ersatz fossiler Rohstoffe durch nachwachsende zu fördern, statt deren Einsatz immer weiter einzuschränken.

Kritisch zu betrachten sind unter anderem die folgenden zur Diskussion gestellten Punkte:  

  • Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Biomasse und Rechtsakt zur Kaskadennutzung von Biomasse:
    • Laut einer vorgeschlagenen Definition bezeichnet primäre Biomasse Holz, das direkt aus dem Wald stammt, während sich sekundäre Biomasse auf Nebenprodukte und Abfälle der Holzindustrie sowie kaskadische Nutzung von Holzprodukten zu energetischen Zwecken bezieht. Die energetische Nutzung primärer Biomasse soll lt. Vorschlag von finanzieller Unterstützung ausgeschlossen und nicht mehr zum Anteil erneuerbarer Energien in den EU Klimazielen gezählt werden. Damit benachteiligt man gerade jede Stoffmengen, die nachhaltig zum Ersatz fossiler Produkte beitragen.
    • Zum kaskadischen Einsatz von Holzprodukten soll ein Durchführungsrechtsakt  erlassen werden, der einen detaillierteren Rahmen vorgeben soll. Ein solcher Rechtsakt würde einem stark reduzierten Rechtswerdungsverfahren unterliegen und ist daher strikt abzulehnen.
  • „No-Go-„-Flächen in biodiversitätsreichen Wäldern:
    • „Old-growth-forests“ (Strukturreiche Altwälder) und Wälder mit hoher Biodiversität sollen als „No-Go“-Flächen für die Nutzung von Biomasse definiert werden. Hier kann die Gewinnung von energetischer Biomasse eingeschränkt oder ganz verboten werden. Für den Begriff „Old-growth-forests“ existiert darüber hinaus immer noch keine EU-weite, akkordierte Definition. Eine solch undifferenzierte Einschränkung muss verhindert werden.
  • Weitere direkte Einschränkungen der Waldbewirtschaftung:
    • Der Entwurf schlägt eine detaillierte Liste an Kriterien für nachhaltige Waldbewirtschaftung vor. Damit wird nicht nur die Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten erschwert, sondern auch das Subsidiaritätsprinzip sowie die im Rahmen des Forest Europe-Prozesses anerkannten, akkordierten Kriterien für nachhaltige Waldwirtschaft ignoriert.

EU Waldstrategie
Die vorgeschlagene Waldstrategie greift massiv in die Kompetenzen der Mitgliedsstaaten und Eigentumsrechte ein. Unter einer pauschalen Behandlung der großen Vielfalt an unterschiedlichen ökologischen und sozioökonomischen Bedingungen in europäischen Wäldern und bei Waldbewirtschaftern wird die nachhaltige Bereitstellung der multifunktionalen Waldleistungen stark leiden. Das Europäische Parlament hat mit seinem zur Abstimmung anstehenden Bericht die Chance, die Stoßrichtung der Strategie abzuändern und ist dazu angehalten, die kritischen Entwicklungen noch einzubremsen.

Kritische Punkte:

  • Außernutzungstellung von weiteren Waldflächen:
    • Die Strategie sieht ehrgeizige Schutzziele vor: Für das bereits in der EU Biodiversitätsstrategie festgelegte Vorhaben, 10 % der Landesfläche unter strengen Schutz zu stellen, müssen die Wälder ihren Beitrag leisten. Hier wird unter strengem Schutz das Verbot jeglicher Eingriffe zur Nutzung verstanden. Alle „Old-growth-forests“ (Strukturreiche Altwälder, Begriff noch nicht definiert) und Urwälder sollen ebenfalls unter Schutz gestellt werden. Ebenso sind geschützte Flächen und Stilllegungen im Wirtschaftswald vorgesehen.
  • Direkter Eingriff in die Bewirtschaftungspraktiken geplant:
    • Die Strategie ebnet den Weg für konkrete, verpflichtende Maßnahmen wie z.B. Totholzanreicherung im Wald, die bereits in einem neuen Gesetzesvorschlag für die Wiederherstellung der Natur vorliegen. Anthropogen veränderte Waldgesellschaften sollen hier zudem wieder in ihren ursprünglichen Zustand – in Orientierung an den 1950er Jahren – zurückversetzt werden, statt aktiv an den Klimawandel und die Herausforderungen der Zukunft angepasst zu werden.
  • Absprache der Kompetenz der Forstwirtschaft:
    • Unter anderem sollen neue Leitfäden zur „naturnäheren Waldbewirtschaftung“ erstellt werden. Die bisherigen Kriterien für nachhaltige Forstwirtschaft, die im Rahmen des Forest Europe-Prozesses fundiert und partizipativ erarbeitet und etabliert sind und die Berücksichtigung der individuellen, lokalen Gegebenheiten der sehr unterschiedlichen Wälder Europas erlauben, werden nicht mehr als ausreichend angesehen.
    • Zudem wird ein neues Zertifizierungssystem für nachhaltige Forstwirtschaft angedacht. Dies würde unter anderem dazu führen, dass etwa das etablierte, unabhängige Zertifizierungssystem PEFC redundant wird.

Mit einer Social Media Kampagne wird dieser Tage auf diese Fehlentwicklungen hingewiesen. Wir rufen damit dringend dazu auf, die vorliegenden Entwürfe im Plenum des EU Parlaments nächste Woche noch abzuändern. Nur eine aktive und nachhaltige Waldbewirtschaftung kann in der EU die vielfältigen Waldleistungen für Klima, Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft für die Zukunft sicherstellen.

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Thomas von Gelmini
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